Irgendwann hatte ich mir mal fest vorgenommen, mehr vom Kunst- & Kulturangebot hier in Buenos Aires wahrzunehmen und es dann doch nie gemacht. Ich bin besonders gut darin, mir Dinge fest vorzunehmen und sie dann nicht zu tun. Leider. Arbeite ich dran, bisher aber erfolglos. Leider.
Was mir hilft, sind Leute, die mich mitziehen. Martín ist weder der Kunst- noch der Kultur-Fan, er fällt also weg, was das angeht. Aber ich habe über Jeannine jemanden kennengelernt, die Flugbegleiterin, die mir einmal beim Rückflug von Buenos Aires nach Frankfurt die Reise in der Business Class verschafft hat. Sie fragte mich, ob ich mit ihr zu Tango-WM (ich wußte nicht einmal, dass es so etwas gibt) kommen wolle und ich konterte direkt mit „klar und kommst Du mit mir in die Banksy-Ausstellung?“, von der sie wiederum nicht wußte, dass es sie gibt.
Ich kam vor 4,5 Jahren in Buenos Aires an und habe bis heute keinen Bezug zum Tango, wobei meine Tanschul-Tango-Klassen mit 14 offensichtlich auch nicht so prägend waren, dass ich direkt hier damit hätte anfangen wollen. Zu Beginn hatten Martín und ich die Idee, einen Tango-Kurs zu machen, dann kam Corona, nachdem ich gerade erst hierher gezogen war und immer, wenn ich mal mit Tango in Berührung kam (ich bin sogar einmal zu DER Tango-Schule hier gegangen und hab einen Abend einen Schnupperkurs mitgemacht), fühlte ich es einfach nicht. Ich wollte es, aber ich fühlte es nicht. Es hat mich einfach nicht berührt, ich fand keinen Zugang, es hat mir keinen Spaß gemacht. Ich gab der Tango-WM eine Chance, düste fröstelnd (warum auch immer) los und wurde von Daniela (der Flugbegleiterin) ausgelacht, die im Kleidchen unterwegs war. So unterschiedlich können Temperaturwahrnehmungen sein. Am Ende ging es mir bei der Tango-WM genauso, wie ich dachte. Es war cool, weil ein Freund von Daniela mittanze und wir somit mitfieberten, es war immerhin das Halbfinale, aber ich hielt nicht alle 169 verbleibenden Paare durch. Wir gingen, kauften Empanadas und machten uns mutig zu Fuß auf den Weg zurück durch den nicht wirklich sicheren Stadtteil La Boca. Der Mut verliess uns relativ schnell, wir drehten um und fuhren mit einem Cabify bis zur U-Bahn. Bauchgefühl. Dadurch bekamen wir noch den schönen Sonnenuntergang mit .
Banksy dagegen war total meins. Ich wußte gar nicht viel über ihn, außer, dass er botschaftsschwere und politikkritische Kunst macht, keiner weiß, wer er ist und seine Kunst ein Vermögen wert ist. Ach und die Story bei der Versteigerung, als das gerade ersteigerte Gemälde zu Hälfte geschreddert wurde. Daniela wußte andere Dinge und so mischten wir unser Halbwissen und waren beide begeistert davon, was wir alles lernten an dem Abend: Er hat ein Hotel gebaut, einen „Vergnügungspark“ und viele „echte“ Projekte mehr. Und interessanterweise ist die Ausstellung hier ganz anders als die in Hamburg, soweit ich das mitbekommen habe. Also es sind andere Themen, andere Bilder und Kunstwerke, die gezeigt werden. Vielleicht an die Kultur und aktuellen Situationen im Land oder Kontinent angepasst. Mir hat es sehr gefallen.
Und auf dem Rückweg wollten wir noch etwas trinken gehen, aber bei der einen Bar saß niemand, was wir ungemütlich fanden, in der anderen Bar war Live-Musik mit Jazz, was wir nicht mochten und plötzlich stand da ein Schild vor einem Restaurant mit Aperol 2 für 1 und dann auch noch so hübsch geschrieben und wir dachten uns, fragen wir einfach mal, ob wir hier auch nur mit einem Getränk sitzen dürfen. Ja klar hieß es in dem wirklich entzückenden französischen Restaurant mit den besten und hübschesten Drinks, zu denen wir Pilzkroketten (yummie) und überbackene Zwiebelsuppe (gut, aber Welten entfernt von der, die meine Mutter mir als Kind gemacht hat… mit Toast und Käse überbacken und sooo lecker! @Mami: Hol schon mal die feuerfesten Schälchen raus, ich komme im Dezember!).
Ich wollte meine Kunst- und Kulturwelle auf Martín und Maxi überschwappen lassen und konnte sie sogar überzeugen, dass wir am letzten Wochenende, welches wir ausnahmsweise mal in der Stadt verbracht haben, in einem Restaurant, das ich immer schon mal ausprobieren wollte, Mittagessen. Fragt sich der aufmerksame Leser, wo hier die Kunst eine Rolle spielt und zwar zurecht. In dem Gebäude, vor welchem sich das Outdoor-Restaurant befindet, fand eine „Italienisches Design“-Ausstellung statt, die allerdings aus meiner Laien-Sicht eine etwas wahllos zusammengewürfelte Sammlung an teils schönen, teils nicht so schönen Stücken war. Ich glaube, es ging um verschiedene Jahrhunderte und die Ausstellungsstücke wurden dann themenübergreifend zusammengestellt. Naja, ich war genauso schnell wieder draußen, wie wir brauchte um auf der Warteliste nach vorne zu rücken und zack, bekamen wir auch schon einen Platz zugewiesen. Das Restaurant heißt „Croque Madame“, alles war unaufgeregt lecker für ein Mittagessen, wobei man deutlich sagen muss, dass das Ambiente mehr kann, als die Speisekarte.
Damit nicht genug, es sollte die „Luxus-Reisen-Messe“ ENJOY THE WORLD einem Hotel im außerhalb gelegenen Vorort (das haben ja Vororte so an sich, dass sie außerhalb liegen, aber gut) Nordelta stattfinden – hörte sich toll an, fand ich. Ich stellte es mir mega toll aufgemacht und inspirierend vor. Nordelta lag fast auf dem Weg zum Shopping Center, welches die Jungs angepeilt hatten, also hatte ich Glück und sie liessen sich bequatschen, auf die Messe mitzukommen. Ich überzeugte mit „dort gibt es sicher auch nachmittags Spezialitäten aus den verschiedenen Ländern zum probieren“, aber ich konnte mein Versprechen nicht halten. Es gab nichts. Es war total doof. Stimmt nicht ganz, es fing gut an, der Sponsor Lufthansa (die haben ja gerade Geld im Überfluss, da kann man ja auch mal so eine Messe sponsorn… sorry, nur so ein Side-Gedanke) hatte ein ganz tolles Empfangs-Szenario gebaut, mit Stewardessen, sie einem einen Reisepass gaben, die man an den Ständen abstempeln lassen konnte, um an einem Gewinnspiel teilzunehmen. Das war super süß gemacht, alles mit Liebe zum Detail und ich war voller Hoffnung auf das, was kommt. Aber es waren nur langweilige Stände, an denen man Prospekte mitnehmen konnte und wenn man direkt eine Reise buchte, gab es Rabatt. Keine Infos zu den Ländern, nicht mal Deko dazu oder so. Live Cooking mit Ceviche aus Peru und Pisco Sour Cocktailgemixe mit Kommentaren waren das Highlight. Nach 30 Minuten waren wir wieder draußen, aber hey, einen Versuch war es wert. Gefühlt waren 50% der Stände über Hotels in Miami und Punta Cana/ Domenikanische Republik , die top Destinationen für alle Argentinier, die Geld haben. Enjoy the World.