Skifahren per YouTube

Für Martín hätte Tag 2, also unser Ski-Tag in Bariloche gleich ganz früh gestartet. Ich bin ja A absolut kein Frühaufsteher (und zwar so gar nicht) und B auch nicht solch ein Ski-Hase, dass es mein innigster Wunsch ist, gleich den ersten Lift zu nehmen und dann bis zur letzten Abfahrt den Berg runterzudüsen. Ich bin vier Mal (glaube ich) in meinem Leben im Skiurlaub gewesen und finde das immer sehr nett für ein oder zwei Tage und jeweils für drei oder vier Abfahrten, aber die Pausen auf der Hütte sind am Ende doch mein Highlight. Da für die Teenager schlafen auch im Urlaub das Wichtigste ist, konnten wir uns auf darauf einigen, um 10h nach dem Frühstück das Hotel zu verlassen. Angekommen im Skiort selbst, also da, wo die Lifte abfahren für den Cerro Catedral, den Berg, den wir uns ausgesucht hatten, ging erstmal der Preisvergleich los – fürs Leihen von Klamotten, Ski, Snowboard,…. und die Frage, ob Ski-/ Snowboard-Schule ja oder nein.

Die Jugend von heute kann ja grundsätzlich alles, weil sie es schon mal auf YouTube gesehen hat und so fiel die Entscheidung gegen ein paar Stunden Snowboard-Lehrer aus, mit dem Ergebnis, dass Maxi nicht mal das Board unter die Schuhe geschnallt bekam. Keiner von uns hatte Snowboard-Erfahrung (meinen einen Tag in der Sierra Nevada erinnere ich kaum noch, so lange ist es her) und als ich jemanden um Hilfe bitten wollte, hieß es gleich: nicht nötig, ich gucke auf YouTube nach. Natürlich. Schuhe waren also am Board, aber keine Ahnung, wie man das Board bewegt, sich bewegt, aufsteht, etc. … Frust und Gepöbel. Gut, ich fahre dann mal zunächst ein paar Runden den Idiotenhügel runter (ganz ohne YouTube) und bin sehr überrascht, dass es mir viel mehr Spaß macht, als ich in Erinnerung hatte. Martín zeigte Martina das Skifahren und sie machte es überraschenderweise (weil sie grundsätzlich jetzt nicht die Sportskanone ist – sagt sie selber) wirklich total gut, stürzte natürlich zig-mal, lachte über sich selber und fand es mega cool. Fuhr auch gleich die zweite Abfahrt mit Handy zum Selfie-Filmen… lief. Wir entschieden, jeder für sich zu fahren, um den Frust nicht zu übertragen und auch, um selber Spaß zu haben und so liess ich mich mit dem Fliessband das ein oder andere Mal die zwei Idiotenhügel hochfahren, genoss die Sonne, schimpfte über mich selber, dass ich noch alle angehalten hatte, sich extra warm anzuziehen, sollte es doch so kalt werden oben auf dem Gletscher. Es war so heiß, die Sonne brannte und ich fuhr irgendwann im T-shirt. Über meinen Sonnenbrand (oh man, alle Eucerin-Kolleg:innen werden sich ihren Teil denken) möchte ich gar nicht erst sprechen.

Maxi machte noch ein paar coole Bilder in der Gondel, schnallte aber dann das Board ab, Martina war auch relativ schnell total platt und so legten Martín und ich alle dicken Pullis, Jacken, Mützen, etc. zu den Pause machenden Kids in den Schnee und fuhren mal ganz nach oben mit dem Ziel, die blaue Piste und Talabfahrt gemeinsam zu genießen. Puh, das war ganz schön hoch und schon nach einem Drittel dachte ich, dass sich die Post-Covid-Keinen-Sport-Macherei deutlich bemerkbar macht in meinen nicht vorhandenen Oberschenkelmuskeln. Während ich gerade darüber nachdachte, ob ich es wohl den Berg runter schaffen würde, wartete Martín auf mich mit dem Späßchen, dass die Abfahrt hier gesperrt sei und wir einen anderen Lift noch weiter nach oben auf den anderen Teil des Berges nehmen müssten. Höhö hörte ich mich sagen. Und sah dann die Sperrung. Kein Schnee mehr, weil es ja schon Frühling ist. WAS? WIE? OH NEIN! Verzweiflung machte sich breit, die Unterlippe zitterte…. ich solle jetzt ernsthaft nochmal eine ähnlich lange Strecke runterfahren, um dann ab da die gesamte Abfahrt zu nehmen? Das pack ich nicht dachte ich. Kein Problem sagte Martín beruhigen, ich schicke Dir einen Helikopter. Sehr witzig. Im Lift fuhren wir also auf der anderen Seite des Berges nach oben, höher, höher und höher… höher, als wir vorher waren. Aber dann sah ich, dass da gefühlt ziemlich weit unten, aber in sichtbarer Nähe eine Hütte war. Mit Lift nach unten. Das machte mir Mut und ich schaffte es gut bis dorthin und es machte dann auch wieder richtig Spaß. Aber ich war froh, als ich im Lift saß.

Unten angekommen, versuchte sich Martín noch am Snowboarden mit ähnlichem Erfolg und Maxi strahlte, als er Papas Ski unter den Füßen hatte und doch noch mit einem Erfolgsgefühl die Piste verlassen konnte. Danach waren wir alle platt, gaben alle geliehenen Klamotten ab und genossen noch ein Getränk bei Aprés-Ski-Live-DJ-Musik in der Sonne.

Im Hotel angekommen, ging es für einige noch kurz in den Pool und für alle gab es zum Abschluss ein echtes Schweizer Fondue, einmal Brühe, einmal Käse – denn ja, es nennt sich dort nicht nur die Schweiz Südamerikas wegen der Berge und co sondern der Einfluss nach dem Krieg ist schon sehr eklatant. Warum grüne Äpfel, Gurken und Pflaumen ins Fondue gehören, weiß ich nicht – in der Deutschen Variante kenne ich das nicht, aber die Pflaumen waren gar nicht so unlecker mit dem Käse.

Und Maxi sagte abends, dass er froh sei, etwas Neues ausprobiert zu haben, denn jetzt wisse er, dass es nichts für ihn sei und er beim nächsten Mal lieber wieder Ski fährt. Manchmal glaube ich, meinen Einfluss zu spüren… wie schön. Ausprobieren, ausprobieren, ausprobieren. So hat es mir meine Mutter als Kind beigebracht. Ich musste immer überall drei mal hin und wenn ich dann nicht mehr wollte, war es ok. Ist aber nie passiert.

Den letzten Tag liessen wir entspannt am Ufer des Sees ausklingen und ich saugte die Bilder dieser wundervollen Landschaft noch einmal für stressige Tage in mir auf. Bariloche – ich komme ganz bald wieder!

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