Du bist nicht mehr da :(

Vor zweieinhalb Jahren haben wir uns kennengelernt und relativ schnell festgestellt: Die Wellenlänge passt. Aus einem „die Wellenlänge passt“ wurde dann sehr schnell eine Freundschaft und dann über die Zeit sogar eine feste, tiefe Freundschaft, die weit über gemeinsame Unternehmungen und Interessen hinausgeht. Du warst oft ein großer Anker hier in Buenos Aires für mich, tut es doch so gut, jemanden hier vor Ort zu haben aus der selben Kultur mit der selben Mentalität. Und da meine liebe Freundin Julia, die ich hier kennen- und so sehr schätzen lernte, direkt in dem Monat, in dem ich fest hierherzog, in den Süden Argentiniens ging, war ich zunächst quasi alleine hier. Natürlich mit Martín und Maxi, aber alleine im Sinne von, dass jemand da ist, mit dem man sich auch mal darüber aufregen kann, warum hier so vieles nicht „funktioniert“, ohne dass man das erst erklären muss. Und nun bist Du weg… Ihr verfolgt Eure Träume und Du bist mit Julián nach Zürich gezogen, Ihr habt geheiratet und werdet jetzt sehen, was alles Tolles vor Euch liegt – und ich freu mich wahnsinnig für Euch. Aber Du fehlst mir hier unglaublich doll.

Bevor Jeannine Buenos Aires gen Schweiz verliess, haben wir aber noch einmal ein richtig tolles Mädelswochenende gemacht. Wir überlegten erst, zu verreisen, entschlossen uns dann aber doch dafür, einfach mal in Buenos Aires alle die Dinge zu machen, für die wir noch nie Zeit hatten.

Freitag Abend wollten wir in einem jüdischen Restaurant, welches nicht nur top Bewertungen hatte sondern auch mega angesagt ist hier gerade, gut und sehr nett essen gehen. Da ich jüdische Küche immer mit Knoblauch verbinde, diesen aber nicht vertrage (und zwar so gar nicht leider), war Jeannine so lieb, bereits bei der Reservierung darauf hinzuweisen. Gar kein Problem hieß es. Als sie ankam, wurde sie schon begrüßt damit, dass eine Person ja keinen Knoblauch vertrage. Läuft. Dachten wir. Bis es dann plötzlich von der Bedienung hieß, es würde gar nichts ohne Knoblauch geben. Wie, gar nichts? Ich sagte, es wäre ok, wenn ich nicht das Menü nehmen könne, aber sie werden doch Fleisch, Fisch, sonstiges noch nicht fertig mit Knoblauch zubereitet in der Küche haben, was sie mir anbieten können. Nein. Einfach nein. Es gäbe gar nichts. Krass. Ok. Wir würden uns dann ein anderes Restaurant suchen, an dem wir am Freitag Abend um 21.30h spontan einen Tisch bekämen, aber so lange hier noch einen Wein trinken. Ha. So was hassen die ja, Leute, die zur besten Zeit einen Tisch okupieren mit Weintrinken. Aber was sollten wir machen, es war eiskalt draußen. Wir bestellten also zwei Gläser Wein und Wasser und suchten. Fanden etwas, wo wir um 22.30h hingehen könnten. So lange würden wir dann hier bleiben. Es kam ein leicht verunsichertes hrmpf, aber mit einem Lächeln von der Kellnerin. Was sollte sie auch tun. Als wir dann loswollten, bestellten wir pro forma die Rechnung, obwohl wir uns sicher (naja,… wir waren ja in Argentinien…) waren, dass sie uns einladen würden. Natürlich nicht. Bevor wir jetzt bezahlen, uns ärgern und danach eine schlechte Bewertung abgeben, sagte ich freundlich, aber bestimmt, was wir dachten. Sie würde mal nachfragen. Tat sie, aber es gäbe keine Einladung. Wir gaben uns nicht zufrieden, es ging ums Prinzip. Ob sie die Chefin holen solle? Ja bitte. Die Chefin kam und zack, war die Einladung kein Problem mehr. Das war also geklärt. Es verschlug uns dann in ein super stylisches vegetarisches Restaurant, wo wir sehr lecker aßen und tolle Drinks gab es auch. Wurde also doch noch ein sehr runder und netter Abend.

Der nächste Morgen startete wirklich mit etwas komplett Neuem. Die breiteste Straße der Welt (oder zweibreiteste oder dritt… da streiten sich wohl einige Länder drum) ist die Straße des 9. Juli. Auf einem der hohen Gebäude an dieser Straße steht ein kleines Einfamilienhaus, einfach so obendrauf. Es sieht aus, als wäre es im Nachhinein dort einfach drauf gesetzt worden, wie wir aber an dem Tag lernten, war dies von Anfang an so geplant. Mehr zu dem Haus u.a. hier, wen es interessiert: https://www.mz.de/panorama/argentinien-traumhaus-uber-buenos-aires-2853192. Seit ca. 3 Monaten kann man dort hoch, man kann das Haus besichtigen und die Aussicht genießen und das hatten wir vor. Es war Samstag morgen, wir mussten ins Zentrum, ins sogenannten Microcentro fahren, eine nicht sehr schöne (und noch wenig sichere) Gegend, noch weniger an einem Samstag morgen, wenn alle Bürogebäude geschlossen sind. Wir trafen uns vor der Tür an der angegebenen Adresse, die wir per WhatsApp erhielten. Dies mag seltsam klingen, man muss dazu aber wissen, dass hier das ganze Leben (privat wie geschäftlich) über WhatsApp, vornehmlich über Sprachnachrichten, geregelt wird. Dort angekommen, gab es kein Schild, keinen Hinweis, nichts. Jeannine frage nach. Wir sollte bei Nr. x klingeln, dann würde sich ein Garagentor öffnen, sort sollen wir hinuntergehen in die Tiefgarage, wo dann ein Typ auf uns wartet, der den Schlüssel zu einem separaten Fahrstuhl hat, mit dem wir dann in den 10. Stock fahren würden. Typisch Argentinien. Noch vor 2 Jahren hätte ich das nie nie nie gemacht. Es wäre mir viel zu suspekt, gefährlich und wasweisichnicht vorgekommen. Heute wissen wir, die Dinge funktionieren hier so. Wir stiefelten also hinab in die Tiefgarage, wo uns der angekündigte Typ per Schlüssel die Fahrt in den 10. Stock ermöglichte. Dort angekommen, stießen wir auf eine Fotografengruppe, die gerade eine Fotoführung bekam. Das Haus innen war sehr heruntergekommen und man sah, dass einfach kein Geld für Restauration, etc. da war. Dies liegt wohl v.a. an den vielen Erben, die sich nicht einigen können, was mit dem Häuschen passieren soll. Angebote liegen aus dem Ausland vor, hier Restaurants, Eventflächen und co zu gestalten. Und was soll ich sagen: Jeannines und mein Eventmädels-Herz hüpfte höher bei dem Gedanken daran. Der Blick ist unschlagbar und die Historie auch, konnte man damals doch von hier live beobachten, wie der bekannte Obelisk gebaut wurde und die Straße des 9. Juli selbst. War das Haus auch nicht so beeindruckend, der Blick und das Erlebnis waren es definitiv.

Danach ging es erst einmal zum Frühstücken – in einem der so schönen Cafés, die es hier gibt. Avocadotoast und frisch gepresster O-Saft für einen aus deutscher Sicht Spottpreis ließen uns Kraft schöpfen für den weiteren Tag.

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