Carlos Keen

Ich liebe ja Ausflüge, Neues kennenlernen und raus aus dem Alltagstrott. Martín hat’s lieber gern routiniert. Also machen wir mal so, mal so, wobei ich hier noch an meiner Durchsetzungskraft arbeiten kann. Aber an einem bitterkalten, sonnigen Wochenende im Juni, also Spätherbst in Argentinien, fuhren wir in den kleinen Ort Carlos Keen, 500 Einwohner, 8 x 4 Blocks groß (jeder Block in Argentinischen Städten hat eine Größe von immer 100m x 100m, klassische Reißbrettstädte)), ca. 100km entfernt von Buenos Aires Stadt, aber nur 25km von Luján, wo unser Haus liegt. Los ging’s und als wir ankamen, dachte ich, ich wäre in einer anderen Welt angekommen. Hierhin verschlägt es wirklich nie einen ausländischen Touristen, dafür aber viele Argentinier, die hierher einen Wochenendausflug machen und hier ausgiebigst Mittagessen, denn der Ort ist u.a. bekannt für seine Parillas, also seine Grillrestaurants. Ich schreibe u.a., weil es neben den Parillas noch einen großen Platz bzw. eine Wiese gibt, die den früheren Bahnhof beherbergt sowie den letzten Zug, der in Carlos Keen ankam und nie wieder abfuhr. Langstreckenzüge gibt es in Argentinien kaum noch. In der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts gehörte das Argentinische Streckennetz zu den größten der Welt. 1948 wurde die Bahn verstaatlicht und ab dann komplett vernachlässigt, bis die meisten Bahnstecken in den 90er Jahren komplett eingestellt wurden. Ich finde das super schade, da Argentinien eine so tolle und abwechslungsreiche Landschaft hat, das Bahnfahren sicher ein Erlebnis wäre, mal abgesehen vom Thema Umwelt und Nachhaltigkeit.

Wir bummelten also so vor uns hin und waren erstaunt, wieviele Menschen es ebenfalls hierher verschlagen hatte. Klar, es war mega sonnig, aber es waren glaube ich 5 Grad und ein eisiger Wind. Wir kamen an einer Kirche vorbei, an alten, heruntergekommenen Häusern, an einem sehr netten älteren Herrn, der an der Straße Batatas, also Süßkartoffeln aus eigener Ernte verkaufte – die, wie wir an einem anderen Tag Zuhause feststellten, wirklich extrem lecker waren – und vor allem, an vielen Restaurants, die zwar zum Teil irgendwie auch ganz nett und einladend aussahen, aber natürlich saß bei der Kälte niemand draußen. Tja, und dann war der Ort auch relativ schnell zu Ende.

Wir stimmten ab und entschieden uns für die Parilla „Margarita mia“, die eine „buena pinta“ hatte, wie man hier sagt, also einen guten Eindruck auf uns machte. Und dann erlebte ich wirklich etwas Neues, denn so etwas kannte ich definitiv nicht. Das Prinzip heißt „tenedor libre“, übersetzt „freie Gabel“ und bedeutet, man bezahlt einen fixen Preis und kann so viel vom Grill essen, wie man möchte. Und

Und es gab sogar, hingegen des üblichen Argentinischen asados (wie man es nennt, wenn gegrillt wird), auch Gemüse: Gegrillten Kürbis. Yay. Normalerweise heißt grillen hier: FLEISCH FLEISCH FLEISCH inkl. diversen Würsten und Innereien als Spezialität. Dazu ein gegrillter Käse (Provoleta), Weißbrot und Chimichurri als Soße. Und den klassischen Salat aus grünem Salat, Tomate und Zwiebel. Oder wie ich es nenne: laaaaaangweilig! Das deutsche Grillen mit x Salaten und Tamtam kommentierten meine Männer in Hamburg damals mit: Wollt Ihr denn nun grillen oder was anderes essen? 

Als Vorspeise gab es, damit man auch satt wird höhö, noch ein paar frittierte, mit Hack (natürlich) gefüllte Empanadas, also Teigtaschen und eine Aufschnittplatte. Und los ging die Völlerei. Spanferkel, alle Teile vom Rind, Hühnchen und eben… gegrillten Kürbis bestellten wir. Und schlossen auf dem Weg nach Hause Wetten ab, wer zuerst die Siesta startet. 

Und auch der Weg nach Hause war sooo typisch für Argentinien. Und zwar wird auf den Landstraßen hier an den Wochenenden so gut wie alles verkauft: Von Käse, Salami, Eiern, Öl über selbst abfüllbares Waschmittel, Thermoskannen, Lederwaren bis hin zu Zinkwannen, Dekogegenständen und Holzarbeiten, Gemüse und warmen Churros (in Fett gebackene Teigteilchen). Es gibt eigentlich nichts, was man nicht irgendwo an der Straße zu kaufen findet. Und da ich ja immer großer Fan von Selbstgemachten bin und dazu gern die Leute hier unterstütze, kauften wir also noch ein neues Holzbrett für die Küche und machten das typische Argentinische Wochenende perfekt. 

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s