Abenteuer sind schön…

 … wenn sie vorbei sind – hat meine Freundin Assi mal gesagt und so recht damit!

Der zweite Teil unserer Reise sollte uns ans Ende der Welt führen. Alles lief nach Plan, wir wurden vom Hotel abgeholt, waren viiiiel zu früh am Flughafen und dann… nichts lief nach Plan. Ich gucke auf den großen Bildschirm, um herauszufinden, wo unser Check-in stattfindet, denn ich hatte zu dem Zeitpunkt noch nicht bemerkt, dass der Flughafen doch sehr klein ist und nur ein Check-in Schalter geöffnet hatte. Und dann das: Unser Flug wurde nicht angezeigt. Und es wurden alle 10 Flüge des Tages bis 20h angezeigt (es war 10.30h).

Panik stieg in mir hoch. Es gab wohl einen Flug an dem Tag zu unserem Zielort Ushuaia, aber der war bereits weg. Während ich verzweifelt versuchte, jemanden von unserer Airline irgendwo ausfindig zu machen, ging ich die Optionen im Kopf durch: Noch einen Tag hier bleiben oder zurück nach Buenos Aires fliegen… was sollten wir tun. Es gab niemanden von LADE, unserer Airline. Aerolineas Argentina, DIE Fluglinie Argentiniens war breit vertreten, aber auch von denen konnte mir niemand helfen. Die Panik legte sich nicht. Ich schrieb das Reisebüro an und wartete auf Antwort. Dann rief ich Martín an und bat ihn, kurz online zu gucken, ob es den Flug heute überhaupt gäbe. Wie heißt die Fluggesellschaft, frage er. LADE? Hätte er ja noch nie gehört. Inneres Panikbarometer fährt weiter hoch. In dem Moment ruft meine Mutter, sie hätte zwei Männer gesehen, mit LADE Logo auf dem Hemd. Gut, das heißt, es gibt die Fluggesellschaft. Panik geht ein wenig runter. Und dann noch viel mehr, als die zwei Herren mir erklärten, der Flug gingen nach Plan, sie wären einfach gerade erst am Flughafen angekommen, es wäre ja noch so viel Zeit. Argentinien halt. Alles gut. Ich bin wieder beruhigt. Puh. Martín angerufen, Reisebüro angeschrieben. Läuft. Wir geben den Herren Vorlauf und warten geduldig eine Viertelstunde, bis wir zum Check-in vorrücken. Keine Schlange. Seltsam alles. Wir dürften nur 8kg Gepäck pro Person mitnehmen. Panik wieder da. Kurz erklärt, dass auf dem Ticket 15kg stehen, woraufhin er einsieht, dass das wohl mal geändert werden müsste und unsere Koffer einsteckt. Gut. Ich frage, ob wir einen Gangplatz für meine Mutter (wegen ihres kaputten Knies) bekommen könnten. Er guckt mich an, lächelt und sagt: Der Flieger ist so klein, sie können sich hinsetzen, wo sie möchten, es fliegen sowieso nur 4 Passagiere inklusive uns mit und 12 würden reinpassen. PANIKLEVEL GANZ WEIT OBEN! Mir ist schlagartig schon jetzt schlecht. Ich habe null Angst vorm Fliegen, aber mir wird konsequent auf Schiffen, in Bussen und in kleinen Flugzeugen auf gut deutsch gesagt kotzeübel und darüber hinaus… Es bleibt ja keine Wahl, also los. Meine Mutter macht mich auf ein Schild am Flughafen aufmerksam, auf dem steht, dass man von El Calafate nach Buenos Aires 3,5 Stunden fliegt und nach Ushuaia eine Stunde zehn. Sie sagt: Du sagtest doch, wir fliegen fünf Stunden. Jetzt, wo ich drüber nachdenke, macht es wirklich keinen Sinn, ich vergewissere mich auf dem Ticket und die Ankunftszeit ist 5 Stunden später. Vorsichtshalber checke ich, ob es eine Zeitverschiebung gibt (ja, ich weiß, macht keinen Sinn) und entscheide dann, dass es sich schon aufklären wird. Der Flieger bleibt weiterhin vom Bildschirm des Flughafens verschwunden und wir harren der Dinge. Irgendwann kommen die Herren zu einem der Gates, bitten uns, mitzukommen und wir laufen zu Fuß übers Rollfeld in Richtung des einzigen Flugzeuges, das da steht. Für mich ist es eine Mischung aus Segelflugzeug und Kinderspielzeug und dann lese ich, was LADE bedeutet: Linea Aerea del Estado. Also Fluglinie des Staates. Es ist ein Militärflugzeug und wir werden begleitet von vier Soldaten. Vier Betreuer, vier Gäste, von solch einem Betreuungsschlüssel kann so manche Kita nur träumen. Ich träume gerade gar nicht, sondern habe einfach nur Angst, dass ich spucken muss. 

Ich spreche kurz mit einem der anderen Passagiere. Es sind Vater (80) und Sohn (ca 55) aus Spanien. Sie erklären mir, dass wir von El Calafate zunächst nach Rio Galleros fliegen. Dort landen wir, tanken und machen eine Stunde Pause. Dann fliegen wir weiter bis nach Rio Negro. Wieder Pause. Dritter Flug nach Ushuaia. Deshalb die 5 Stunden. Panik – viermal starten und landen mit diesem Ding hier. Es wackelt schon am Boden wie kein Karussell auf dem Hamburger Dom – kein Wunder, denn es ist Sturmwarnung. Die Crew erzählt uns, dass sich unser Pilot noch in der Ausbildung befindet, sich aber Mühe geben wird, dass es trotz des ungewöhnlich starken Sturms heute nicht allzu schlimm wird. Mein Panikbarometer weiß gar nicht mehr, was es noch machen soll und ergebe mich irgendwie der Situation. 

Meine Taktik, um das hier zu überleben: Bonbons lutschen, um den Magen zu beschäftigen und schlafen. Gott sei Dank kann ich das in solchen Situationen ganz gut, mich in so eine Art „Koma“ zu versetzen und mich wegzuträumen, so dass ich alles um mich herum nur am Rande mitbekomme. Und so überstehe ich alles – und Mami erzählt mir hinterher, dass es wirklich schlimm war. Habe ich kaum mitbekommen. War mir speiübel? Ja. Habe ich gespuckt? Nein. Ich verzeichne das als Erfolg. 

An beiden Zwischenlandungs-Stopps erhöhte sich die Passagier-Zahl und als dem hinter mir schlecht wurde, kam auch noch die Angst, etwas im Nacken zu spüren dazu. Ist aber nicht passiert zum Glück. Die Soldatin, die einzig dafür mitflog, um für uns da zu sein, falls wir was brauchen (die anderen drei lenken das Flugzeug bzw. zwei halfen dem einen, das zu lernen), sagte beim Abschied, wir wären seit wirklich langer Zeit die besten Gäste gewesen. Normalerweise bekäme mindestens einer Platzangst, Panikattacken, will oben plötzlich aussteigen oder die Leute übergeben sich reihenweise. Wenn man es so sieht, war es ja doch ein ganz ruhiger Flug. 

Am nächsten Tag hatte ich einen Massagetermin im Hotel und der Masseur sagte, mein ganzer Körper wäre hart wie Stahl (nicht wegen der Muskeln hahaha, sondern wegen der Verspannungen) – kein Wunder nach dem Flug. 

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