Unser Córdoba-Roadtrip ging weiter gen Süden und auf dem Weg versuchte ich verweifelt, immer wieder die Gauchos, die am Straßenrand entlang ritten, mit der Kamera einzufangen. Irgendwie haben die Gauchos was, das mich fasziniert. Vielleicht, weil man das Wort einfach auch in Deutschland schon mit Argentinien verbindet. Vielleicht aber auch, weil im Büro einige Martín immer den Gaucho nennen, obwohl er weit davon entfernt ist.
Schon als ich im März 2018 das erste Mal in Argentinien war und noch bevor ich Martín überhaupt kennengelernt hatte, hatte ich meine erste Gaucho-Begegnung: 365tagefrei.wordpress.com/2018/03/16/ich-und-die-gauchos/. Damals natürlich SEHR touristisch und auch wenn es mir sehr gut gefallen hat, so empfang ich es doch als sehr künstlich und fragte mich, ob es das so wirklich noch gibt. Diese Gauchos an der Straße in Córdoba waren echt, die lebten wirklich so und waren wirklich so angezogen. Also war doch alles gar nicht so künstlich vielleicht damals bei der Touri-Nummer.
Hätte ich gewusst, was mich absolut ungeplant an dem Tag erwarte, hätte ich nicht bei jedem Pferd mit Reiter an der Straßenseite die Kamera gezückt. Wir fuhren so mit all den anderen, die das lange Wochenende in Córdobas Umgebung verbrachten die eine typische Landstraße entlang, als Martín plötzlich das Lenkrad rumriss und nach links schwenkte mit den Worten, wir müssen hier unbedingt anhalten, hier sei eine „Doma“ – was auch immer das sein sollte. Er war ganz aufgeregt und meinte, das würde mir ganz sicher mega gefallen. Und so war es. Es war quasi ein Gaucho-Traum. Eine Doma war es zum Glück nicht, denn als ich erfuhr, dass eine Doma quasi ein Rodeo ist, war ich mir ziemlich sicher, dass es mir nicht gefallen würde. Aber wir hatten totales Glück. Es war ein typisches Gaucho-Treffen mit Ringreiten. Da waren ewig viele Leute, die auf dem Land wohnen und die waren alle wirklich so Gaucho-mäßig angezogen. Als hätten die sich für mich verkleidet. Das gibt es wirklich – und ich mittendrin. Ich bin natürlich mega aufgefallen, blond und mit pinkem T-shirt. Selbst Martín und Maxi sind hier aufgefallen. Aber ich fand es einfach nur toll toll toll. So etwas kann man gar nicht planen, so etwas passiert einfach, dass man da durch Zufall vorbeifährt und dann hab ich auch noch den besten Mann an meiner Seite, der es sieht und sofort anhält, um es mir zu zeigen. Und ich hab mich getraut, zwei Typen zu fragen, ob sie ein Bild mit mir machen. Die waren maximal verwirrt, haben aber mitgemacht. Mein Highlight ist allerdings der Kleene in voller Montur.
Der absolute Kulturschock kam, als wir weiterfuhren in den Ort Villa General Belgrano, einer alpinen Enklave in Argentinien, wo es überall Häuser in alpiner Architektur gibt und man sich quasi in Bayern oder in der Schweiz fühlt… auch vom Essensangebot her ist es sehr deutsch und schweizerisch. Und wie der Zufall es so wollte, war hier genau an dem Tag das Oktoberfest. Das große Oktoberfest war wegen Corona abgesagt worden, aber es waren trotzdem viele Menschen gekommen und es schien, der Ort feiere einfach trotzdem. Also machten wir ein wenig mit. Aber gerade, als wir zu einem Gulasch und einem Bierchen entschieden hatten, fing es weltuntergangsmäßig an zu schütten. Und zu hageln. Aber wie. Und Martín überlegte kurz, ob die Entscheidung gegen eine Hagelzusatzversicherung beim Mietwagen die richtige war. Ist aber zum Glück nichts passiert, puh.

Als es endlich wieder aufhörte, war das Fest natürlich vorbei und Wassermassen rannten die Berge hinunter ins Tal. Die Jungs machten sich lustig, dass ich hier ja nun meine Wasserfälle hätte, denn eigentlich war der Plan gewesen, zu Wasserfällen zu wandern, was wir aber zeitlich nicht geschafft haben. Zumindest aber wollte ich doch den Ort La Cumbrecita, ein typisches Touristenziel und genauso deutsch-schweizerisch einmal sehen und wir beschlossen, es trotz immer dichter werdendem Nebel auf der Fahrt dorthin durchzuziehen. Wir kam an, als es gerade dunkel wurde. So hatten wir zwar nichts vom Blick über die Sierra, die bergige Landschaft, aber waren ganz bezaubert von der Stimmung mit all den Lichtern. Und da gab es dann auch noch Gulasch mit Rösti und Spätzle, was für ein runter Abschluss eines „kulturreichen“ Tages.
Unser letzter Córdoba-Tag sollte ein erneuter Roadtrip werden. Dieses Mal ging es Richtung Nordwesten nach Villa Carlos Paz, ebenfalls ein bekannter und beliebter Ferienort hier, der an einem See liegt und sehr schön sein soll. Bei der Einfahrt in den Ort sah ich überall Palmen (wir erinnern uns: für mich Palmen = Urlaub) und ich fühle mich ein wenig wie in einigen Orten in Florida oder Kalifornien. Als wir in die Hauptstraße abbogen, änderte sich das aber schlagartig und es war eher vergleichbar mit den nicht-schöneren Mallorca-Ecken. Eine schöne Brücke ok, aber über ein völlig ausgetrocknetes Flussbett. Und überall Crash-Läden… nach meinem Geschmack zumindest. Finden Südamerikaner das wirklich schön, fragte ich mich. Ja und nein. Ja schon. Was ich nicht verstehen kann. Aber dann entdeckten wir auch die für mich schönen Ecken am See mit viel grün und Parks und netten Cafés und ich verstand, warum man hier gerne Urlaub macht.
Wir relaxten ein wenig auf der Wiese (Frage von Maxi: „warum liegen wir hier einfach so rum wie die Hippies?“), liessen die Füsse in den See baumeln, guckten Kindern beim Spielen zu und Maxi und ich ditschten Steine ins Wasser. Wie lange da her ist, dass ich das zum letzten Mal gemacht habe. Merkte man auch, ich brauchte erstmal wieder etwas Übung, aber dann klappte es ganz gut. Auf dem Weg zum Auto wurden Maxi und ich (quasi zwei für einen) noch so richtig – im wahrsten Sinne des Wortes – angeschissen. Doppelschlag einer Taube. Bäh hoch 10! Aber soll ja Glück bringen! Und da wir die T-shirts vor der Rückfahrt waschen wollten, entdeckten wir ein nettes Café in einem Hotel, so dass es zum Abschluss noch es einen Subdowner-Drink bei allerschönstem Sonnenuntergang gab. Man muss immer das Positive sehen.