Ich bin so aufgewachsen, wie wohl fast alle in Deutschland, dass man grundsätzlich anderen Menschen erst einmal vertraut, bevor sie einem das Gegenteil beweisen und man ihnen deshalb dann misstraut.
In Argentinien ist es genau anders herum. Alle raten Dir: Traue niemandem. Man erarbeitet sich über einen langen Zeitraum ein Vertrauen, aber ein gewisses Misstrauen bleibt.
Das ist für mich nicht immer einfach, Martín wirft mir oft vor, dass ich mit anderen Menschen dort zu vertrauenswürdig bin, Menschen Dinge erzähle, die „sensibel“ (also die Dinge) sein könnten und ich da vorsichtiger sein solle. Er hat tendenziell immer Angst, dass mich jemand aufgrund meiner Gutmütigkeit ausnutzen könnte. Grundsätzlich ist das ja super lieb gemeint von ihm und eher beschützend. Aber es ist oft schwierig für mich, weil es so gegen meine Natur ist. Ich mag es, Menschen zu vertrauen. Und mag es grundsätzlich auch nicht, erst einmal etwas Schlechtes von Menschen zu denken. Zum Glück habe ich bis jetzt auch keine schlechten Erfahrungen damit gemacht, auch nicht in Argentinien.
Dies war aber nur die Einleitung, quasi die Backround-Info dazu, was ich eigentlich schreiben wollte.
Denn als ich Martín davon erzählte, dass es auf Sylt und sicherlich auch anderswo (Achtung, Wortschöpfung) „Vertrauens-Verkaufsstätten“ gibt, wo man z.B. Blumen, Eier, Kartoffeln, Marmelade, etc. in Selbstbedienung mitnimmt und dann auf Vertrauensbasis das Geld dort in eine Kasse legt, hat er es mir zunächst nicht geglaubt.
Seine erste Reaktion: In Argentinien würden die Leute nicht nur kein Geld reinlegen sondern alles mitnehmen – samt der Kasse. Andere Länder, andere Sitten… oder so.