Meine Kamera ist kaputt. Von einem Moment auf den anderen hat der Zoom plötzlich nicht mehr gezoomt sondern im Gegenteil, alles komplett verunschaft – falls es das Wort gibt. Und dazu kommt noch, dass er es nach oben links in die Ecke verunschaft hat – wenn das Sinn macht.
So oder so, irgendwas ging nicht mehr. Also hab ich meinen Kamera-Freund Frenzi gefragt, der mir sagte, ich müsse ein Update machen. Auf der Kamera? Noch nie gehört, macht ja aber Sinn, also hab ich mich durch alle Downloads, Firewalls und Websites durchgearbeitet und mit etwas Stolz sogar die richtigen Updates für Kamera und Objektiv heruntergeladen und installiert. Aber ohne Erfolg. Also google befragen nach einem Kamerareparatur-Laden in Buenos Aires. Gesucht, gefunden. Mitten im Zentrum, im sogenannten Microcentro. Hm. Dort kann man nicht parken und wenn man das Rad dort abstellt, ist es trotz Schlössern mit ziemlicher Sicherheit relativ schnell nicht mehr da.
Ich hab mir also Maxi geschnappt und wir sind letzte Woche mit dem Rad los gedüst, 40 Minuten ins Zentrum. Der Plan war, dass ich in das Geschäft gehen und Maxi draußen wartet mit den Rädern. So der Plan. Wie immer in Argentinien, kommt es ja oft anders, als man vorher denkt.
Das Geschäft war kein Geschäft, sondern in der Adresse stand 8. Etage, Wohnung Nr. 79. Das stelle ich aber erst fest, als wir schon davor standen. Hm. Ich frage Maxi, ob es für ihn sicher scheint. Er schüttelt den Kopf. Das hilft mir grad nicht wirklich.
Ich stehe davor und denke mir, hey, jetzt sind wir extra hierher geradelt, das wird schon gut gehen. Sagt mein Bauchgefühl. Ich klingel, die Tür geht auf, ich trete unten in den Hauseingang ein, die Tür fällt schwer und laut ins Schloss und lässt sich von Innen nicht mehr öffnen. Schlagartig geändertes Bauchgefühl. Mini-Panik. Ich sehe den Knopf neben der Tür und denke, das ist der Summer für die Tür (das ist hier oft so). Ich drücke ihn, es ist das Licht. Ich komme nicht mehr raus und traue mich plötzlich auch nicht hoch. Was machen? Martín anrufen. Der mir sagt, dass es durchaus normal ist, dass Geschäfte oder Büros in Wohnungen sind, weil es einfach günstiger ist weiter oben im Haus, als zu ebener Erde. Das beruhigt mich. Also los.
Ich gehe zu den Fahrstühlen, das sind solche, die noch so richtig alt sind, mit einem Gitter, was man manuell aufschieben muss und dahinter eine Tür, die manuell aufgeschoben wird. Schieb, schieb, eintreten und wieder schieb schieb. Nun ist er zu. Ich fühl mich wie im Krimi. Nur, dass ich das Ende noch nicht kenne. 8. OG bitte. Und los. Ich komme oben an. Schieb, schieb, bin wieder draußen – schieb, schieb hinter mir wieder alles zu. Dann stand ich da auf dem Flur mit 10 Türen. Eine Frau steigt aus dem anderen Fahrstuhl und es scheint, sie würde hier wohnen. Ich frage sie, ob es hier ein Kamerageschäft gibt, sie guckt mich an wie ein Auto. Dahinten seien zwei Wohnungen, die als Büros genutzt werden, sagt sie. Hm, das sind aber Türen Nr. 73 und 74. Ich suche 79. Ok, also los. Augen zu und durch. Ich hatte aber zugegebenermaßen echt ganz schön Schiss.
Ich klopfe bei 79, eine Männerstimme ruft „herein“, ich öffne mega angespannt die Tür. Und spüre nur eins: Erleichterung. Es ist wirklich ein echtes kleines Geschäft und alles ist voller Kameras und ein netter Herr Anfang 60 bedient mich, er scheint (soweit ich das beurteilen kann) Ahnung von Kameras zu haben und erkennt, dass meine Kamera irgendwo gegengestoßen sein muss. Das kann in unserem Wanderurlaub durchaus passiert sein, denn ich bin einmal abgerutscht und da ist die Kamera in der Tat gegen den Berg geditscht.
Während wir uns unterhalten, er dies und das mit meiner Kamera ausprobiert, schicke ich eine „alles ist gut“ Nachricht an Maxi, der immer noch unten steht und von dem ich schon eine „lebst du noch?“ WhatsApp bekommen hatte.
Der nächste Schock erreicht mich, als der nette Herr sagt, dass die Reparatur ca. 30.000 Pesos kosten wird (also ca. 230€ ) – WHAT? Er erklärt (was ich inzwischen auch weiß), dass technische Geräte hier einfach mal viel teurer sind, als in Europa oder den USA, weil Argentinien so wahnsinnig hohe Steuern darauf erhebt. Und wahrscheinlich ist es auch so, wie so oft, dass der Fakt, dass ich Deutsche bin, schon mal den Preis surreal in die Höhe treibt. Denn für die Argentinier haben alle Ausländer einfach unendlich viel Geld. Und das muss ihnen genommen werden. Klingt hart, ist aber leider wirklich oft so. Ich frage irgendwo nach einem Preis. Danach Martín separat. Und der Preis ist ein anderer.
Ich frage nochmal bei einem anderen Laden an, der auch Kameras repariert, aber sie haben durch Corona keine Olympus-Ersatzteile geliefert bekommen und können somit nichts reparieren zur Zeit. Ich habe also keine Auswahl. Auch nicht, als ich ein paar Tage dann den wirklichen KVA bekomme, der 41.500 Pesos beträgt. Auf Rückfrage und „Androhung“, dass ich es nicht reparieren lasse, lässt er mir 1.000 Pesos nach (ca. 6 Euro), wow. Außerdem warnt Martín mich, dass ich ihm nicht vorab sagen soll, wenn ich die Kamera nicht dort reparieren lassen will, weiß es dann oft vorkommt, dass sie noch etwas weiteres kaputt machen (aus „Rache“, weil man es nicht bei Ihnen reagieren lässt – das ist ihm schon mal beim Auto passiert). Ich kann aber auch nicht einfach spontan vorbeifahren, denn die müssen das Objektiv ja erst wieder zusammenbauen.
Als wieder Augen zu und durch, denn ich will die Kamera ja auch nutzen. Freitag hole ich sie wieder ab.
Ich liebe deinen Blog🥰.
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