Es geht mir wie so vielen: Ich will endlich wieder reisen! Und in dem Moment, als mir bewußt wird, dass Maxi nach 15 Monaten ab dem 8.3. (also heute) wieder zur Schule gehen wird, beschließe ich, dass wir vorher nochmal wegfahren müssen. Denn der nächste Familienurlaub, der über einen Samstag-Sonntag-Trip hinaus gesehen könnten, wäre dann erst wieder im Juli in den Winterferien möglich. Ich suche und frage also umher nach Optionen, die zeitlich auch damit kompatibel sind, dass ich mich gerade in der High Phase der Vorbereitung eines Events (medium virtuell, aber deshalb nicht weniger aufwendig) befinde.
Das Ziel heißt Sierra de la Ventana. Es kostet mich etwas Überredungskunst, die Herren der Schöpfung von „wandern“, „kein Handyempfang“ und „Bergen“ zu überzeugen, aber sie stimmen zu. Wir fragen Martina (Martíns Tochter), ob sie auch Lust hat und zack, sind wir zu viert. Meine Idee, wir gehen wandern mit einem 15jährigen und einer 18jährigen, die noch nie – außer zum Skilaufen – in den Bergen waren, stößt überall auf müdes und ein wenig bedauerndes Lächeln und ich zweifle kurz an meiner Euphorie, entschließe mich aber, das Beste draus zu machen und mich auf die kleine Reise zu freuen.
Auch wenn es am Ende nur ein langes Wochenende ist, so fühlt es sich an wie richtig Urlaub. Ich habe mir wirklich mal 2 Tage frei genommen, bin nicht erreichbar und alleine das fühlt sich schon gigantomanisch gut an. Es geht also los. Wir holen zunächst Martina ab und als die Oma, bei der sie wohnt, besorgt nachfragt, ob die Beschreibung stimme und wir wirklich am 1. Tag 12km wandern wollen, ich dies bestätige und sie sagt, dass Martina nicht einmal 400m zum Bäcker zu Fuß geht, zweifle ich kurz an der Idee, sie gefragt zu haben, mitzukommen. Aber nun gab es kein Zurück mehr. 8h Autofahrt liegen am Freitag vor uns und um das Land noch etwas besser kennenzulernen, machen wir einen kleinen einstündigen Umweg und fahren zunächst nach Tandil. Ja, genau, Tandil, wie das Waschmittel von Aldi. Der Ort wurde uns empfohlen und auch – oder vielleicht gerade deswegen – weil wir keine hohen Erwartungen hatten, waren wir alle sehr positiv überrascht. Hier könnte man in der Tat auch mal ein Sommer-Wochenende verbringen, Kanu fahren, Segeln, im See schwimmen, etwas durch den Ort bummeln, ein bisschen wandern (naja, Hügel hinauflaufen). Es ist wahnsinnig heiß und wir laufen in der Mittagshitze durch den Stadtkern, essen was, fahren noch ein paar Sightseeing Spots ab und düsen dann weiter. Tandil, wir sehen uns sicher nochmal wieder.
Schon vor der Abfahrt hatte ich, schön typisch Deutsch, schon mal einen Tisch fürs Dinner reserviert bei einem Italiener im Nachbarort (in Villa Ventana), der das beste Italienische Essen haben sollte in Argentinien. Und wir wurden nicht enttäuscht. Direkt nachdem wir uns in unserer Cabaña (Hütte, Haus) eingerichtet hatten, ging es zur Pasta-Schlacht und dann nicht zu spät ins Bett, denn für den nächsten Morgen hatten wir einen Exkursion gebucht und es hieß, früh aufzustehen (sehr zur Freude besonders der Kids natürlich).
Martín und ich packen also morgens vier Rucksäcke mit Schwimmsachen, Handtuch, je 2l Wasser, Broten, Mückenspray, Sonnenschutz, Caps und Kamera und nach einem kurzen Frühstück zur Stärkung geht es los. Alle sind etwas aufgeregt, ist es doch der erste Aktivurlaub, den wir zusammen machen. Die Hitze brüllt und selbst der Guide sagt: Trinken Sie viel, auch wenn Sie keinen Durst haben, es ist außergewöhnlich heiß heute. Na super, ich kann ja solch brütende Hitze ohne Wind und ohne eine Wolke nicht so mega ab und habe schon Respekt, aber Wasser und Cap helfen und es geht mir den ganzen Tag übe gut. Yay! Wir laufen also los in einer großen sehr gemischten Gruppe von jung bis älter, von fit bis unfitter, von Bergziege zu Flachlandtiroler.
Der erste Weg ist nur „gehen“ und leicht ermüdend, bergauf, wie gesagt, sehr heiß und es gibt kaum etwas zu sehen. Plötzlich erreichen wir Weinreben und ab dann geht es deutlich bergiger zu. Ab hier wird wirklich gewandert, über Stock und Stein, Flüsse und durchs Gebüsch, geklettert und auf allen Vieren sich den Weg geebnet. Die Kids sind weiter vorne in der Gruppe und so hören wir nicht das von uns vermutete Gemotze, was für eine doofe Idee das war.
Ein erster Zwischenstopp wird bei einer Quelle gemacht, in der man Baden kann, alle erfrischen sich und holen ihren Mate-Tee in Thermoskannen raus, typisch argentinisch (und uruguayisch, nur Martín trinkt keinen Mate, weshalb er von allen immer belächelt wird, dass er gar kein echter Uruguayer sei). Ich schmeiße mich ins kühle Nass, die Kinder chillen im Halbschatten und suchen vergeblich nach einem Handynetz. Aber die Stimmung ist gut und kein Gemotze zu hören, nur, dass die Rucksäcke zu schwer sind. Martín nimmt also eine Flasche mehr und ich ermuntere dazu, mehr zu trinken, so hätten wir gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Das Argument, dass dann der Rucksack leichter wird, zieht.
Weiter geht es zu einer weiteren Quelle, wo von Klippen gesprungen wird (wir nicht), im eisigen Wasser gebadet und einfach in der Sonne abgehangen wird. Hier bleiben wir so ca. 2 Stunden und danach bietet der Guide an, dass man nun in einer kleineren Gruppe mit allen, die wollen, noch weiter nach oben bis auf die Spitze klettern könne. Und zu meiner großen Überraschung wollen beide Kinder mit hoch. Na und los. Ich muss einige Angstwellen, dass denen etwas passieren könnte, weg atmen und am Ende kommen wir alle ganz oben an und dann auch wieder runter. Voller Stolz und fix und fertig essen wir abends kurz Pommes und Burger in einem kleinen ganz coolen Bar-Bistro-Restaurant um die Ecke, reden über den Tag, Martín fand es mega und sogar Maxi sagt doch glatt, dass er es so cool fand, dass er gerne nochmal wieder wandern möchte und auch mit Klettern und so. Na schau an. Martina hat das alles wirklich toll mitgemacht, ich bin mir aber sehr sicher, dass es ihre einzige Wanderung bleiben wird. Was ja aber auch ok ist. Um 22h liegen wir im Bett und ich glaube, keiner hat länger als 5 Minuten zum Einschlafen gebraucht.
Der nächste Tag verlief ohne Plan – also eher argentinisch. Wir frühstücken gemütlich auf der Terrasse unserer Hütte, springen einmal kurz in den Pool, den es auf dem wirklich super schön angelegten Garten-Gelände, auf dem mehrere Häuser zum Mieten stehen, gibt, weil es schon vormittags wieder so heiß ist. Wir beschließen, zumindest eine Mini-Wanderung zu machen, die wir direkt zu Fuß bei uns starten können. Als wir am Berg (naja Hügel) ankommen, beschießt Martina, unten im Schatten auf uns zu warten. Wir stapfen hoch und wieder runter, merken zwar unsere Waden, aber es tut doch so gut.
Nachmittags mieten wir dann am Fluß auf Wunsch der Kinder Kajaks und düsen eine Runde den Fluß rauf und runter, baden dort kurz und verbringen den Rest des Nachmittags am Pool.
Abends gehen wir nochmal durch den Ort bummeln, wo allerlei Handgemachtes (schönes und nicht so schönes) auf Touri-Märkten verkauft wird. Es ist noch ziemlich voll, denn es ist das letzte Ferien-Wochenende in Argentinien. Als runden Mini-Urlaubs-Abschluss gehen wir nochmal so richtig nett essen und haben das Glück, draußen zu sitzen unter romantischen Lichterketten im Garten eines kleinen alten Häuschens, das innen ganz modern gestaltet wurde. Sehr besonders und ein sehr schöner Abschluss.
Am nächsten Morgen (Montag) hieß es um 10h auch schon wieder Abfahrt. 7h zurück, vorbei an Sonnenblumen- und Maisfeldern sowie einer Landschaft, die mich hier und da an Schleswig-Holstein erinnert. Wenn man dann allerdings durch kleine Orte fährt oder auch hier und da einfach recht und links was sieht, was nicht nur Landschaft ist, dann weiß man doch wieder ganz schnell, dass man in Südamerika ist – und nicht in Schleswig-Holstein.
Was für ein schönes Mini-Urlaubs-Wochenende zum Ferienende.