Egal, wo man hier hin- oder zuhört, überall heißt es immer, pass auf, überall wird geklaut, überfallen, geraubt. Und vor allen Dingen: Vertraue niemandem! Das fällt mir ja besonders schwer, weil ich – wie wohl alle in Deutschland – eher mit der Mentalität aufgewachsen bin, zwar vorsichtig zu sein, aber Menschen erstmal einen Vertrauensvorschuss zu geben, bis sie einen enttäuschen. Hier ist es andersrum.
Neulich fuhr ich nach Palermo (meinem Lieblingsstadtteil) rein, um im Café zu arbeiten und dem Home Office zu entfliehen, denn man vereinsamt ja doch ganz schön irgendwie. Ich beschloss, einen anderen Weg zu gehen als sonst, um mal ein paar neue Straßen kennenzulernen und somit auch ein paar neue Geschäfte. Ich fand einen Bonbon-Laden, in dem sie die Bonschies selber machen, ginge rein, kaufte was, sprach lange mit der Dame und ging dann ins Café, um zu arbeiten.
3 Kaffee, einen Tee und viele Mails später wollte ich bezahlen, um nach Hause zu fahren. Und musste feststellen: Mein Portemonnaie war weg!
Erster Gedanke – denn wir sind ja in Argentinien: Es wurde mir geklaut! Etwa hier im Café aus der Jackentasche heraus? Kann das sein? Es ist ein kleines Café, man muss klingeln (was hier nicht unüblich ist), gelangt dann erst in einen Buchladen und dahinter befindet sich das Café. Also aus meiner Sicht nicht einfach, hier was zu klauen. Aber es war weg.
Ich hatte Glück, denn das Mädel im Café liess mich gehen, ohne zu bezahlen. Ich versprach, wiederzukommen am nächsten Tag, aber das versprechen hier so einige – wir erinnern uns: Vertraue niemandem.
Ich rannte hektisch zurück zum Bombon-Laden, der natürlich schon zu hatte. Sprach mit der Dame im Hotel neben dem Laden, die aber wiederum die Bonschi-Frau gar nicht kannte. Ich rief an, hinterliess Nachrichten und schrieb eine Mail. Und rief Martín an. Frage: Kreditkarten sperren lassen oder erstmal hoffen? Hm.
Erstmal nach Hause fahren. Und dort nochmal seine Mails checken. Und feststellen, dass die Bonschi-Dame ein guter Mensch ist, das Portemonnaie gefunden hat, es mir sogar ehrlich sagt und schreibt, ich könne beruhigt sein und es morgen abholen. PUH!
Am nächsten Tag holte ich es also ab und sie erzählte mir, dass ich doppeltes Glück hatte, denn sie hatte das Portemonnaie gar nicht bemerkt. Aber es kam ein Kunde in den Laden, der eine Bestellung abholen wollte. Sie ging also nach hinten, um seine Bestellung zu holen und als sie zurück kam, machte er sie auf das Portemonnaie aufmerksam, dass jemand unfassbar schusseliges da hatte liegen lassen.
Doppelt Glück. Zwei gute Menschen. Argentinien zeig mir, dass alle Unrecht haben – toll bist Du!
Wunderbare kleine Geschichte! ❤
LikeLike