Ich liebe Überraschungen! Ich liebe es, überrascht zu werden, aber noch mehr liebe ich es, selber zu überraschen. Und was soll ich sagen: Es ist mir gelungen! Auch wenn man es nicht glauben mag, aber ich hab ja noch Urlaubstage für 2018 und hab das GO von meiner Chefin bekommen, jetzt nochmal weg sein zu dürfen, verbunden mit ein bisschen Homeoffice. Mega! Also hab ich spontan ein Ticket nach Buenos Aires gebucht – ohne Martín etwas davon zu sagen.
Ich hab storytelling-mäßig alles gegeben, ich hätte einen Adventskalender für seinen Sohn gemacht (was auch stimmt) und den würde ich nun schicken. Er müsse das Paket persönlich empfangen und deshalb bitte an demunddem Freitag etwas später ins Büro gehen. Ginge das? Ja, kein Problem. Super. Warum ich den Kalender im Oktober schicke, warum dies nur eine Woche dauert, warum ich ihm die Trackingnummer des Pakets nicht gebe… zum Glück gab es nicht zu viele Fragen. Warum ich plötzlich abends nicht erreichbar bin (ich saß ja 14 Stunden im Flieger).. ich hatte Kopfweh und bin früh ins Bett gegangen. Klar, ich. Früh ins Bett. Naja. Ich bat also den Taxifahrer, der mich vom Flughafen in Buenos Aires zu Martín brachte, zu klingeln und zu sagen, dass er ein Paket liefern würde. Klappt. Martín kommt runter, macht die Tür auf und erstarrt. Guckt mich an. Guckt einfach nur. Kann gar nichts sagen. Glaube, er träume, sagte er mir später. Verbunden mit Gedanken wie „Es ist nicht aufgeräumt, ich habe einen Werkstatttermin und somit einen Tag kein Auto, ich habe kein Klopapier eingekauft…“. DAS DENKST DU, WENN ICH NACH 15 STUNDEN REISE VOR DEINER TÜR STEHE???? Es war toll! Mega gelungen, er hat sich mega gefreut. Und als ich Maximo weckte, konnte der es auch gar nicht glauben. Schön so was. Ich war happy, wieder hier zu sein. Und die Jungs erst! Hab Euch liiiieb!
Und es ist überhaupt schön, wieder hier zu sein. Ein klein wenig ist es inzwischen ein Nach-Hause-Kommen-Gefühl. Auch, weil ich eben nicht nur die beiden und deren Familie hier hab, sondern auch, weil ein paar Mädels (die es vorher wußten) mich schon erwartet haben und Freunde irgendwo zu haben, ist ja immer schön und macht das Leben reicher. Und dazu ist Frühling. Zumindest an den beiden Wochenenden. In der Zwischenzeit war es kalt und dunkel und ich erinnerte mich oft an die Worte meiner Buenos-Aires-Freundin Julia „bring nur Sommerklamotten mit, es ist super warm!“ HA! War es wohl vorher auch, jetzt nicht mehr. Aber es ist schön, denn die Blumen und Bäume fangen an zu blühen, die Sonne scheint, wir frühstücken am Wochenende auf dem Balkon draußen im T-Shirt, die Vögel zwitschern und ich hab im wahrsten Sinne des Wortes FRÜHLINGSGEFÜHLE. Ich laufe mit Yaldah durch Palermo, entdecke wieder neue Ecken, weitere Graffitis und Cafés, treffe mich mit Julia in der Outdoor-Shopping Mall Los Arcos und mit Männern (allen 3 1/2) zum Rippchen-Dinner. Gehe mit Ileana im MicroCentro (dem Zentrum von Buenos Aires) lunchen und fahre mit Martín durch die Stadt, die blüht und so schön ist, besonders jetzt.
Natürlich haben wir auch ganz mega typische Dinge gemacht, wie Bondiola essen (was hier so ist wie in Deutschland die Currywurst (vom Status her), nur, dass es wie Roastbeef auf Brot mit Tomate und co ist) – aber nicht irgendwo, sondern an der Autobahn (direkt an der Autobahn, nix Raststätte oder so) und direkt vom Grill… ja, da essen auch die echten Gauchos, die sich nicht nur für die Touristen so kleiden…. es ist für mich ein Erlebnis und ich traue dem Braten nicht (im wahrsten Sinne des Wortes), denn neben der Tatsache, dass meine Hand blutet, weil der Stuhl statt Lehne nur eine rostige Schraube hat, auf die ich mich gestützt hab (weil ich natürlich nicht hingeguckt hab), verstaubt mein Fleisch vom Sand neben der Autobahn, die Straßenhunde warten neben mir, dass was für sie abfällt und ich befürchte, dass sich der Grillmeister die Hände zum letzten Mal gewaschen hat, als es in Deutschland noch einen Kaiser gab, aber ich versuche mal, wenig Deutsch zu sein, meinen Kopf auszuschalten und muss gestehen… so schlecht ist es nicht… und eben typisch, was ich ja grundsätzlich mag.
Am Montag fragt mich Yaldah, ob wir nicht zum Shakira-Konzert gehen wollen, am Mittwoch kaufen wir zwei der letzten Karten (die durch die Dollar-Peso-Relation für uns wirklich günstig sind) und am Donnerstag ist es soweit. Einlass ist um 18h und wir überlegen, wann sie wohl auf die Bühne kommt… naja, gehen wir mal um 20h hin… um 21.35h ist sie endlich on Stage, Argentinische Zeiten halt. Bis dahin haben wir uns auch wieder abgeregt. Warum? Weil wir uns über uns selber geärgert haben, dass wir auf Dinge reinfallen. Ja, in Argentinien gibt es Korruption, jeder versucht, überall Geld zu machen. Das weiß man, darauf muss man achten. Was ist also passiert: Wir trinken einen Pre-Shakira-Aperol und fahren dann per Uber zum Stadion. Die Schlange ist ok lang, wir kommen gut rein und ich muss dringend auf die Toilette (ja, ich weiß, zu viel Information, aber wichtig für das, was kommt). Ein junges Mädel kommt auf uns zu, es wirkt so, als ob sie dort arbeite und sie fragt, welche Tickets wir haben, begleitet uns in die Richtung unserer (nicht nummerierten) Plätze. Auf dem Weg fragt sie, ob wir für 100 Pesos mehr (aktuell ca. 2,50 Euro) ein Upgrade auf Premium-Tickets haben möchten. Ich frage, was das beinhaltet und sie sagt: Dichter an der Bühne, dicht an den Toiletten… und weiter höre ich nicht zu, denn ich muss so dringend, dass mir 2,50 Euro für „dichter an den Toiletten“ mehr als ein guter Deal erscheinen. Also zack, wir zahlen 5 Euro und (200 Pesos) und gehen dann hoch Richtung Tribüne. Und natürlich können wir genau innerhalb derselben Plätze aussuchen, wie wir es auch ohne die 200 Pesos hätten machen können. Ich ärgere mich total. Nicht primär über die 5 Euro sondern über die Art und Weise und noch mehr darüber, dass ich darauf reinfalle. Naja, um eine Erfahrung reicher und gegen 21.30h wieder abgeregt, startet Shak ihre 2stündige Show und es war wirklich mega! Argentinien liebt sie, sie liebt Argentinien und das merkte man an der tollen Stimmung. Wir haben 2 Stunden durchgetanzt und wurden danach lieberweise von Martín vom Stadion abgeholt (der ist schon echt ein großer Schatz!).
Die gesamte Woche war geprägt von Alltag und somit auch dem ein oder anderen Alltagsproblemchen, von SichWiederAnEinanderGewöhnen und auch kulturellen und Mentalitäts-Unterschieden, aber All das gehört eben auch dazu, wenn man sich in einen Mann verliebt, der mit seinem Sohn am anderen Ende der Welt (was man bei 12.000 km Entfernung schon sagen kann) lebt und dort auch herkommt. Umso schöner, dass wir ein tolles letztes Wochenende hatten, wieder mit Sonne und Frühling und viel Zeit. Ich wollte gern nochmal etwas Touri-Programm machen. Also ging es für uns los zur sogenannten Bombonera, was so viel heißt wie Bonbonière und der liebevolle Name für das Stadion des kultigen Vereins Boca Juniors ist. Der Verein ist einer der fünf Vereine von Buenos Aires und einer der erfolgreichsten Vereine von Argentinien. Maradonna hat hier gespielt und viele andere mehr, weshalb er über die Landesgrenzen hinaus bekannt ist. Martín hingegen ist San Lorenzo Fan, ist aber trotzdem mit mir hingegangen. Was ungefähr so ist, als würde man den mega St. Pauli-Fan ins HSV-Stadion schleppen. Ich fand es trotzdem toll, es mal zu sehen, inkl. Museum und der gesamten Atmosphäre drum herum.
Der Stadtteil La Boca (übersetzt: Der Mund) ist nicht gerade der ungefährlichste und man bleibt besser in den paar Straßen um die Bombonera und den Caminito herum. Der Caminito ist ein kleiner Touri-Weg, der zeigt, dass hier in dem Stadtteil der Ursprung von Buenos Aires ist, hier kommt der Tango her, hier lebten die Einwanderer, hier spielte sich das wahre Leben ab. Es ist wahnsinnig bunt, überall sind am Wochenende Touristen, es gibt alles Mögliche zu kaufen und man muss höllisch auf seine Tasche aufpassen (nein, kein Handyklau zu verzeichnen!). Ich habe es sehr genossen, da einfach entspannt ein wenig rumzulaufen und Zeit zu Zweit zu haben.
Auf dem Weg nach Hause, sind wir statt über die Autobahn durch die Stadt gefahren, was toll war, weil eben alles blüht und die Sonne schien und es nochmal ein wenig Sightseeing beinhaltete. Und dann stehen wir an der Ampel auf der Höhe des bekannten Museums MALBA und entdecken ein KaffeeFestival nebenan auf dem Platz. Wir entscheiden uns spontan, einen Parkplatz zu suchen und schmeißen uns in die Menschenmassen des FoodTruck- und Kaffee-Festivals. Herrlich, ich liebe so was ja! Staunen lassen hat uns, dass die längste Schlange an dem Stand war, an dem einem Damen gegen Geld aus der Hand lesen. Ob das der Weg ist, der Argentinien aus der Krise hilft? Not so sure…
Abschließend haben wir noch ein wenig im Park um die Ecke die Frisbee und den Handball hin und her geschmissen mit Maximo (wie lange es her war, dass ich einen Handball in der Hand hatte…) und den Tag entspannt ausklingen lassen mit Empanadas zum Abendbrot.
Tja und heute geht es auch schon wieder zurück nach Hamburg. 10 Tage gehen schnell um, waren intensiv und haben uns wieder ein Stück näher zusammengeschweißt. Auch wenn man natürlich sagen könnte, dass es sich nicht „lohnt“, für so kurze Zeit so weit zu fliegen… sage ich mit Überzeugung: DOCH! Es war genau richtig so! Hach, mein Buenos Aires….