Eigenheiten

Je mehr man auf all diese Dinge, die anders hier sind, bewußt achtet, desto mehr fallen einem auf.

Man denkt ja immer, dass hier alles viel unorganisierter und chaotischer verlaufe als in Deutschland, aber dem ist nicht (zumindest nicht immer) so.

Dagegen spricht nicht nur das Nummern-Ziehen sondern auch das Schlange-Stehen. An jeder Bushaltestelle wird brav in Schlangen gewartet, um dann in der Reihenfolge einzusteigen, in der man an die Bushaltestelle kam. Am Hauptbahnhof sind für den Zug sogar Linien vorgegeben, die dann einen nach dem anderen einsteigen lassen, wo die Türen aufgehen. Ganz im Gegenteil zur U-Bahn. Irgendwie schwarz und weiß.

 

Hat man also brav angestanden und ist im Zug oder in der U-Bahn, gibt es eine weitere Besonderheit: Es wird alles Mögliche verkauft. Taschentücher, Kinderbücher, Nagelsets, Rheumacreme, Milka Schokolade, Waffeln, Putzzeug, selbstgebackene Kekse, Handbandagen, … es gibt Nichts, das es nicht gibt. Die zu verkaufenden Dinge werden einem einfach auf den Schoß gelegt und dann, wenn man es nicht kaufen will, wieder weggenommen. Muss man sich auch dran gewöhnen.

In den vielen Cafés gibt es so gut wie immer eine Promotion, also eine Aktion, in der es meist beim Kauf eines Kaffees (wobei das meist eine Lagrima ist, also übersetzt eine Träne, weil es nur heiße Milch mit einer Träne Kaffee ist – also perfekt für mich, weil ich es genau so am liebsten mag) 2 sogenannte Medialunas (Mini-Croissants, die es hier immer und überall gibt) umsonst dazu gibt. Und es gibt wirklich wahnsinnig viele schöne, individuelle, „fancy“ Cafés…. genau das Richtige für mich.

Und ganz typisch ist Dulce de leche, eine Karamellcreme, wobei sich Uruguay und Argentinien darum streiten, woher sie eigentlich kommt (aus Uruguay!), aber es gibt sie immer und überall. Im Kaffee, in Croissants und jeglichen Teilchen, als Eissorte, auf Brot, in Churros, im Eis, einfach so löffelweise (wie bei uns Nutella), in Alfajores (das sind ganz typische Kekse aus Argentinien, die aus zwei Mürbeteigteilen bestehen (meist) und in der Mitte ist: Na klar, Dulce de leche.

Ein weiteres Uruguay-Argentinien-Diskussionsthema (wobei auch das zugunsten von Uruguay ausgeht) ist der Mate. Mate ist ein wenig (!) vergleichbar mit grünem Tee und wird hier immer und überall getrunken. Und auch gerne rumgereicht, so dass jeder aus dem gleichen Metall-Strohhalm trinkt. Damit er immer frisch aufgegossen genossen werden kann, läuft man einfach den gesamten Tag über mit einer Thermoskanne mit 80 Grad (!!!) heißem Wasser rum. Praktisch ist anders, aber ist hier im täglichen Bild ganz normal und in jedem Alter vertreten.

Wo ich schon beim Essen bin, darf das Thema FLEISCH in Argentinien natürlich nicht fehlen. Das Gegrillte, das sogenannte Asado, gibt es hier wirklich immer und überall. Jedes Haus hat im Garten einen riesig großen fest installierten Grill. Es gibt Fleisch und Chorizo-Würstchen, die nicht wie in Spanien scharf gewürzt sind, sondern einfach sehr fettig. Aber auch ab und an mal lecker.

Zum Essen gehört neben dem Mate auch ganz klar das Thema Trinken, wobei mein Eindruck ist, dass die Argentinier insgesamt nicht so viel Alkohol trinken. Klar gibt es den leckeren Malbec-Rotwein aus Mendoza, aber auch Bier spielt eine immer größere Rolle. Es gibt unglaublich viele Bierkneipen mit individuellen hauseigenen Biersorten und wenn man privat eingeladen ist, kommen auch gerne mal Leute, die dann ihr selbst gebrautes Bier mitbringen.

Zu Anfang habe ich mich immer noch gewundert, warum einige am Straßenrand parkende Autos einen Kanister mit Wasser auf dem Dach stehen haben. Als ich es mir dann näher angesehen und mal nachgefragt hatte, lernte ich, dass das die Aufmerksamkeit auf zu verkaufende Autos auf sich ziehen soll. Na wenn es funktioniert…

Woran ich mich wirklich gewöhnen musste, ist das Thema Sicherheit. Zum einen sind vor jedem Fenster, Balkon, Tür, etc. Gitterstäbe. Es fühlt sich zu Beginn nach Gefängnis an, aber irgendwann nimmt man es gar nicht mehr wahr. Dann stehen an jeder Straßenecke Polizisten und es gibt sogenannte Wachposten-Häuschen, in denen 24/7 jemand drin ist.

Überall im Stadtbild zu finden sind Anlaufstellen für „rapipago“ und „pagofacil“, das sind Stellen, an denen man seine Rechnungen bar bezahlen kann oder Geld überweisen kann. Onlinebanking gibt es hier so gut wie nicht, da keiner den Banken traut. Deshalb hat auch kaum jemand Geld auf der Bank. Man geht also zu diesen Stellen mit Bargeld, um Geld zu überweisen. Und man muss fast immer Wartezeiten mitbringen, weil die Schlangen unglaublich lang sind.

 

Ich könnte noch lange so weiter machen mit den Besonderheiten des Lebens hier, so gibt es zum Beispiel (durch den italienischen Einfluß) unglaublich viele Eisläden hier, die das Eis mit frischen Zutaten selber herstellen und eigene Sorten kreieren. Riesige Läden sind das teilweise und wirklich schick. Es gibt in den Supermärkten Automaten, in denen man sein gebrauchtes Öl zurückgeben kann, um die Umwelt zu schonen. Also nicht das Auto-Öl sondern das Oliven-, Sonnenblumen- etc. Öl vom Kochen und Braten, das danach aufgefallen und nochmal verwendet wird, bis es irgendwann nicht mehr gut ist. Dann wird es hier abgegeben.

Eine Sache, die immer ein lustiges Straßenbild abgibt, sind die Hundefutter. Sie gehen mit seeewig vielen Hunden auf den engen Fußwegen gleichzeitig spazieren, einer zerrt nach rechts, einer nach links, einer muss an den Baum. Herrlich.

Ebenfalls überall zu sehen ist der Straßenverkauf. Und auch hier gibt es alles, von Käse und Wurst, Avocado (vom Fußboden, aber 3 Stück für einen Euro) bis hin zu Putzsachen.

Und zu guter Letzt noch etwas: Ich hab es die letzten Male schon so extrem positiv wahrgenommen hier in Buenos Aires: Jeder macht jedem Komplimente. Einfach so. Ich habe es in Hamburg mal geübt: Meinen Freundinnen bewusst mal gesagt, was an ihnen toll ist. Ob sie es bemerkt haben? Keine Ahnung, aber gelächelt haben Sie kn dem Moment – ausnahmslos. Und ich bin sogar einen Schritt weiter gegangen und hab Leuten auf der Straße einfach mal ein „schönes Oberteil“ oder „hübsches Kleid“ zugeworfen und zack: ein Lächeln, ein meist überraschtes. Denn in Deutschland ist so was ja nicht so gewöhnlich. Und hier kommt es täglich vor. Der schwule zuckersüße StarbucksBarista strahlt mich an mit einem „Du bist so hübsch“. Wow, ja, das macht was mit mir. Was Gutes. Ich will mehr davon. Und das kriege ich hier. Und es geht nicht nur um Äußerlichkeiten. „Warum sprichst Du so gut Spanisch?“ Und dann redet man mal 5 Minuten miteinander, es wird nachgefragt und erzählt. Für kommunikative Menschen wie mich ein Paradies. Ich fühl mich wohl hier.

2 Gedanken zu “Eigenheiten

  1. Das freut mich sehr, dass du dich wohl fühlst😍!!
    Ich bin durch deinen Blog dir immer nah- das ist toll!!
    Also, wenn du da bleibst oder demnächst hingehst- musst du weiter schreiben😉!

    Like

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