Don´t cry for me!

Mein Buenos Aires Aufenthalt startet wie viele meiner Städtetrips: Mit einer HopOnHopOffBusTour. Zunächst einfach einmal rum, um für den nächsten Tag zu planen, wo ich gezielt aussteigen will. Groß ist die Stadt, wow! Und schön! Und abwechslungsreich! Morgens ging es für mich los, ausgehend von meinem Hotel in Palermo Hollywood. Ich schlendere also endlich wieder in kurzer Hose und Flipflops (ja, ein Top hatte ich auch an!) in Richtung Palermo Soho, wo der Bus startet.

Der Stadtteil Palermo ist so riesig, dass er in viele SubStadtteile unterteilt ist. In Palermo Hollywood sind viele Bars und Restaurants, in Palermo Soho ebenfalls plus auch viele Klamotten-, Deko- und Schmuckgeschäfte, vor allem rund um den Plaza Serrano. Ich blühe wieder richtig auf und merke, dass ich einfach ein Stadtmensch bin. Es herrscht eine schöne leichte SommerAtmosphäre überall, alleine schon dadurch, dass alle draußen sitzen, Märkte mit kleinen individuellen Designern auf dem Plätzen zu finden sind, alle Sommerklamotten tragen und Spanisch sprechen. All das ist für mich = Sommer! Mit einem Kaffee (einer latte helada, also einem iced latte) in der Hand finde ich die Bushaltestelle und treffe auf eine Gruppe Brasilianer, die mir erzählen, dass sie schon fast 40 Minuten warten, obwohl der Bus eigentlich alle 20 Minuten fahren soll. Hm. Und Zack, da biegt er um die Ecke. Manchmal muss man eben Glück haben 🙂 Los geht’s und es ist interessant, ich sitze oben und genieße die Sonne, den Kaffee, den Ausblick – das Leben ist wieder gut!

Während der ErzählPausen spielt immer schöne Argentinische TangoMusik und ich stelle erfreut fest, dass Shazam auch offline funktioniert, die Lieder sogar findet und mir sagt, dass er die Namen ausspuckt, sobald ich wieder online bin. Läuft! Leute steigen ein und Leute steigen aus und eine behinderte Frau möchte die nächste Haltestelle aussteigen und läuft schon mal los, als wir an einer Ampel sind. Es wird grün, als sie auf der Treppe ist, sie fällt fast, bittet mich um Hilfe und dann stehe ich da, selber etwas hilflos, stelle mich vor sie, so dass sie zwar immer wieder in meinen Rücken fällt, aber nicht die Treppe runter. Alles gut gegangen, puh!

Der Bus führt mich aus Palermo raus durch Recoletta (da, wo der Friedhof u.a. mit dem Grab von Evita Perón ist), das Zentrum mit dem Teatro Colón, dem Obelisken und der Kathedrale, und raus nach San Telmo, wo Sonntags der bekannte Markt stattfindet, nach La Boca, wo der Fußballclub Boca Juniors Zuhause ist und in den neuen modernen „Business Gebäude“ Hafen Puerto Madero. Wir fahren auf der breitesten Straße der Welt, der Avenida 9 de Julio, und entlang am breitesten Fluß der Welt, dem Rio de la Plata mit einer Breite (!) von 220km. Ich bekomme einen tollen Überblick über die Stadt und habe einen Plan, was ich mir in den nächsten Tagen genauer ansehen möchte.

Für den Abend habe ich ein Ticket für die Tango Show im „La Ventana“. Ich hoffe sehr, dass es nicht zu touristisch-peinlichberührend-fremdschämend wird und ziehe für das Gala-Dinner mein neues, in Medellín erstandenes, Kleid an. Ich werde 40 Minuten zu spät abgeholt, aber die Chicos, die im Hotel an der Rezeption arbeiten, sind alle so nett, dass die Zeit des Wartens schnell vergeht. Sie kommen fast alle aus Venezuela und sind froh, hier einen Job gefunden zu haben. Im TransferBus treffe ich auf eine Gruppe Chilenen, die einen gemeinsamen FirmenAusflug machen. Ich betrete den Bus und es ist kein Platz mehr frei. Also wird der Kleinste der Gruppe hinten in die Ritze zwischen zwei Sitze gequetscht, damit ich bequem sitzen kann. Was ich denn sonst von den Chilenen denken würde. Super nett und ich sitze neben einer älteren Frau, die mir nochmal klarmacht, dass einige Worte hier eine andere Bedeutung haben und ich vorsichtig sein solle mit dem Gebrauch der Wörter (so heißt „cachucha“ in Kolumbien „Hut“ und hier „Muschi“ – und „coger“ in Spanien heißt „holen (Jacke oder so) oder Taxi nehmen“ und hier „Sex haben“), die mir dann ihr Leben erzählt, meins erfragt und dann eine kurze Zusammenfassung laut für alle durch den Bus brüllt. Ich würde alleine reisen und würde für heute Abend zu ihnen gehören, damit das mal gleich alle wissen. Voll süß! Leider hat sie die Rechnung ohne das La Ventana gemacht, denn die Gruppe sitzt woanders als ich, aber mir wird versichert, dass ich einen extra tollen Special Platz bekomme. Und ich kann mich nicht beschweren: 1. Reihe, 1. Tisch, direkt an der Bühne. Aber es sind 2er Tisch. Hm. Ich dachte, es wären lange Tafeln, aber nein. Und das junge französische Päärchen neben mir geht nicht wirklich auf meine Unterhaltungsversuche ein. Also nun auch mal 3-Gänge-Gala-Dinner for one! Ohne Gegenüber. Ganz seltsam. Aber das Essen ist sehr lecker, es gibt TomateMozzarella und dann Milanese und zum Dessert in Malbec-Rotwein eingelegte Birnen mit Vanilleeis. Yummy! Die Kellner und ich haben unseren Spaß und als der Fotograf jedes Paar fragt, ob sie als TangoPaar verkleidet Fotos machen wollen, muss einer der Kellner für mich herhalten. Dem Fotografen war es sichtlich peinlich, zu fragen, ob ich gern ein Foto hätte – alleine kennen die hier nicht. Aber: Yes, I can do this! Das wäre ja wohl gelacht, wenn sich niemand für ein Foto finden würde! Leider ist es unscharf geworden, aber eine Erinnerung. Und ich spüre die irritierten Blicke auf mir. Ist die echt alleine hier? Ja, bin ich! Weil ich mich durch das Alleinesein nicht einschränken lasse! Und ich strotze an dem Abend vor Selbstbewusstsein und laufe mit gefühlten 1,95m durch den gesamten Saal zur Toilette und zurück – erhobenen Hauptes und da wäre keine Krone verrutscht! Und die Show war toll! Was für eine Liebe, Leidenschaft, Trauer und Schmerz beim Tango ausgedrückt und was für Geschichten dabei erzählt werden! Und wie toll die getanzt haben – kein Wunder, dass der Tanz zum Weltkulturerbe ernannt wurde.

Zum Abschluss singt eine ältere argentinische Diva „no llores por mí Argentina“ (also „don’t cry for me…“) – und das war wirklich ein echter GänsehautMoment, das live in Argentinien an so einem schönen Abend zu hören. Ich war ganz erfüllt, als ich zurück im Hotel war.

 

 

 

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