Gestern um 5.30h klingelt mein Wecker. Genau meine Zeit. Dann schlaf ich auch besonders gut, wenn ich weiß, dass ich so früh aufstehen muss. Um 2h bin ich wach. 2.45h wieder. Naja und so geht es weiter. Pünktlich gegen ca. 4.45h schlaf ich dann richtig tief ein. Perfekt – grrrrrr.
Das Taxi kommt pünktlich (das hat mich überrascht bei dem unorganisierten Hotel – na gut, es kamen auch 2 Taxen für mich, aber für mich besser so als anders herum) und ich komme mit genügend Zeit an der South Station an, dem Busbahnhof in Boston. Und das ist nicht so ein Busbahnhof wie unser ZOB in Hamburg sondern ein riesiges Gebäude – inkl. Food Court. Das hatte man mir auch vorher gesagt, dass ich auf jeden Fall vor Ort am Busbahnhof noch was zu Essen kaufen kann für meine anstehende 8 Stunden Fahrt. Ha! Ich komme also im Food Court an und – NUR McDonalds hat geöffnet. Ah – ja. McDonalds´ Frühstück ist ja mein Favorite (NOT!), aber ich lerne, dass auch McDonalds Muffins und Orangensaft hat und von daher kann ich damit gut leben. Ich bin ein bisschen nervös. Erstens, weil ich zu viel Gepäck habe. Nicht nur, dass mein Koffer zu schwer ist sondern auch noch, dass ich mich inzwischen auf ein 3. Gepäckstück ausgeweitet habe – gut, nur eine mittelgroße Tasche (zwischen Hand- und Mini-Reisetasche), aber Gepäckstück ist Gepäckstück. Aber es geht alles gut und ich komme ohne extra payment mit. Zweiter Grund, nervös zu sein: Alle möglichen Leute hier in den Staaten haben mir erzählt, dass nur „ganz merkwürdige“ Leute mit dem Greyhound Bus fahren würden und sie keinen Ami kennen, der das jemals täte. Hm. Ist aber auch totaler Quatsch, es fahren alle möglichen Leute mit. Zum Glück nicht so viele, so dass der Platz neben mir frei ist. Was gut ist, denn ich habe keinen blassen Schimmer, wie mein Rucksack zwischen meine Füße hätte passen sollen. Los geht’s also. Abfahrt 7h pünktlich.
Erste Stunde: Alle schlafen. Einer schnarcht. Ich bin vorbereitet, hole Ohropax und Schlafmaske raus und schlafe auch. Nach einer Stunde die erste Haltestelle und nach 2,5h die zweite, mit 30 Minuten Pipi-Kaffee-Snack-Frischeluft-Pause. Super schön ist, dass die Bäume hier schon deutlich weiter sind mit ihren Verfärbungen und ich genieße es einfach mal, Nichts zu tun. Ich gucke aus dem Fenster, lasse die bunten Bäume an mir vorbei rauschen und muss mich nicht aufs Fahren konzentrieren, auch mal ganz schön. Wir fahren also Richtung Norden aus Massachussetts raus, durch New Hampshire, halten in Hanover (kurzer Stop almost at home), fahren nach Vermont und halten in Burlington – kommen wohl hier die Socken her? Die Schals? Das Muster? Hm, ich weiß es nicht. Dreimal musste ich bereits meinen Reisepass vorzeigen – warum, weiß ich nicht. Sicher ist sicher. Oder so. Und zack waren es auch nur noch 3h, die vor mir lagen. Die Sonne schien und ich war guter Dinge. Habe mir im Bus mal erste Gedanken gemacht über weitere Reisen in 2018 und schnell festgestellt, dass so ein Jahr doch irgendwie gar nicht soooo lange ist. Naja, noch sind es ja 342 Tage – herrlich!
Und irgendwann realisiere ich, was eigentlich gerade passiert. Immer wollte ich mal nach Kanada. Und jetzt bin ich kurz vor der Grenze. Wahnsinn. Irgendwie ist das schon alles Wahnsinn. Wahnsinnig schön, besonders, aufregend, wundervoll – ach, heute ist ein guter Tag!
Dann kommt die Grenze, alle aussteigen, alle müssen ihr gesamtes Gepäck aus dem Bus holen, mit an dem Grenzbeamten vorbei nehmen. Der stellt genauso viele Fragen, wie bei der Einreise in die USA: Haben Sie einen Job im Heimatland (definieren Sie Job… na gut, die Diskussion gehe ich wohl besser nicht ein)? Beabsichtigen Sie, Dinge in Kanada zu lassen (berechtigte Frage bei der Anzahl an Gepäckstücken)? Planen Sie, in Kanada zu bleiben und dort zu leben (HALLO, ich war doch noch nie da, woher soll ich das wissen?)? Haben Sie Waffen, Alkohol, Tabak, eine größere Menge Geld, etc. bei sich (mal ehrlich: wenn ja, würde ich es sagen???)? Dann sagt er: „Haben Sie außer Kleidung noch etwas bei sich? Ah, ich sehe, eine McDonalds Tüte…“ (ja man, das ist Müll Du Pappnase)…
Alles geht gut, ich komme durch. Und zack bin ich in Kanada. Also alle wieder rein in den Bus und nach einer weiteren Stunde kommen wir in Montreal an. Ich habe vorher gegoogelt und mein Hotel ist nur 7 Minuten Fußweg entfernt vom Busbahnhof. Perfekt. Ich laufe also los. 7 Minuten wären es ohne 2 Jacken an bei 20 Grad, ohne einen gefühlt 50kg schweren Rollkoffer, ohne Rucksack plus Hand-/Minireisetasche… und ich wußte auch nicht, dass Montreal so bergig ist. Hier und da ne kleine Pause und ich komme an. Und es ist schön, das Hôtel Manoir Sherbrooke (157 Rue Sherbrooke Est). Ich fühle mich sehr wohl. Danke liebe Steffi Reimers für diesen Tipp, es ist ein super süßes Hotel und was ich da noch nicht wußte ist, dass auch das Frühstück am nächsten Morgen total toll ist.
Ich schlafe erstmal 30 Minuten und stelle dann fest, dass alles fußläufig ganz dicht ist. Ein leckeres Ratatouille mit Quinoa zum Dinner im Modavie (1, Rue Saint-Paul, http://www.modavie.com – war eine Empfehlung vom Hotel für ein nettes Bistro und war seeehr lecker und sehr nett) und die Erfahrung, dass die Gläser genauso gut eingeschenkt werden, wie in den USA.
Zu Fuß ging es sicher zurück ins Hotel. Ohne Nagelfeile und Handy am Ohr. Ich sammle die ersten Eindrücke – Montreal, ich glaub, wir werden gute Freunde.