Alleine denkt man anders

Es ist schon wirklich etwas ganz anderes, alleine zu reisen als zu zweit oder mit mehreren. Nicht nur, dass man alles um sich herum und auch sich selbst alleine organisieren muss, niemandem zum reden hat (außer Fremde natürlich), Momente nicht wirklich teilen kann und aufkommende Probleme nicht gemeinsam löst. Das sind alles Aspekte, die ok sind insgesamt, an die man sich gewöhnt, die sich sicher auch mal doof anfühlen, aber mit denen man gut klarkommt, also ich zumindest aktuell.

Was sich aber wirklich verändert, ist die Art zu denken. Die Art, Dinge zu planen, den Tag zu strukturieren. Weil man immer im Kopf hat: Wie komme ich abends sicher nach Hause. Ich überlege also, wann es dunkel wird, wo ich dann bin, ob ich mit der U-Bahn fahren möchte (was wirklich von Stadt zu Stadt super unterschiedlich für mich ist), ob mir der Besuch hier oder dort es wert ist, später ein Taxi zu nehmen (was bei einem Jahr unbezahlter Auszeit doch eher selten der Fall ist), wie lange ich dann von A nach B laufen muss und und und. Das sind Gedanken, die ich mir nie gemacht habe, wenn ich mit jemandem zusammen gereist bin. Auch nicht mit einer Freundin. Ich erinnere mich gut an Abende, als ich mit meiner Freundin Neitschi durch Chile gereist bin und wir abends durch Gegenden nach Hause gegangen sind, in denen ich mich alleine nicht so wohl gefühlt hätte. Und niemals Angst hatte oder so. Ich weiß nicht, aber ich schätze mich nicht als super ängstlichen Menschen ein. Aber das Alleine-Unterwegs-Sein gibt einfach eine neue Perspektive auf Dinge und somit auch auf Momente des Alleine-Nach-Hause-Laufens abends im Dunkeln. Ich muss oft an eine Situation denken, in der ich Neitschi in Tarifa (wo sie lebt) besucht habe und sie in ihrer Bar länger gearbeitet hat, als ich unterwegs sein wollte – also bin ich alleine nach Hause gelaufen. In der einen Straße hingen ein paar junge Typen ab, die mir irgendwie suspekt waren. Ich erzählte es ihr am nächsten Tag und sagte, dass ich beim nächsten Mal lieber die Hauptstraße nehmen werde. Ihre Reaktion war nur: „Du bist zu alt, Dich vergewaltigt sowieso keiner mehr!“ Ob mich das jetzt beruhigt, weiß ich nicht, aber lustig war es allemal.

Bevor ich abgeflogen bin auf diese Reise, habe ich oft überlegt, was ich abends wohl mache. Damals bin ich noch nicht davon ausgegangen, dass es für mich völlig normal sein wird, alleine irgendwo was essen zu gehen. Tja, nun ist das eine „Problem“ gelöst, nun ergibt sich daraus ein neues. Aber auch das werde ich lösen, sicherer für mich werden und weiterhin vorsichtig bleiben. Ich frage oft im Hotel oder unterwegs Passanten, welches der beste Weg ist, wo es ggf. gefährlicher ist und wo noch viele Leute unterwegs sind. Und zur Not hab ich ja meine Klapp-Nagelfeile. Und rufe sonst wieder meinen imaginären Freund an, der auf mich wartet. Man muss sich eben einfach nur zu helfen wissen. Und ich gehe einfach etwas früher essen, als ich es sonst tun würde. Damit ich noch zu einer Zeit unterwegs bin, in der noch Leute auf den Straßen sind. Und wenn ich kein gutes Bauchgefühl habe, dann nehme ich eben doch hier und da ein Taxi – das Geld ist es mir dann mehr als wert. Denn mein Bauchgefühl täuscht mich doch selten.

Schon spannend so eine Reise alleine…

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